Von der Visualisierung zur fertigen Fassade: SAP, Eschborn.

Building Information Modeling gilt als Planungsmethode der Zukunft. Wir von KSP Engel haben bereits zahlreiche Erfahrungen mit Vorzügen und Herausforderungen bei der Anwendung von BIM gesammelt.

Digitales Arbeiten ist für Architekt*innen längst nicht neu. Bereits in den 1980er-Jahren begannen erste CAD-Programme die Zeichenschiene abzulösen. Doch erst Anfang 2017 legte der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den Masterplan „Bauen 4.0“ für Infrastrukturprojekte vor, mit dem der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) als der digitalen Planungsmethode der Zukunft vorangetrieben werden soll. Auch im Hochbau forciert die Bundesregierung durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) die BIM-Einführung und -Forschung in Deutschland.

Damit wird im deutschen Bau- und Architekturgeschehen nun auch von der Politik das in den Blick genommen, was in anderen Ländern längst vollzogen wurde: die Umstellung von einer 2-D-Planung auf Basis analoger Ausdrucke hin zu einer 3-D-basierten Planung, bei der digitale Gebäudemodelle der Datenweitergabe dienen. In London habe er schon vor 18 Jahren mit BIM gearbeitet, berichtet unser Geschäftsführer und Partner Sebastian Schöll von den Erfahrungen aus seiner Tätigkeit bei Foster and Partners. In Deutschland sei es dagegen die Bauindustrie gewesen, aber auch das Facility Management, die die Entwicklung hin zu BIM angestoßen hätten. „Wir wurden immer wieder nach 3-D-Modellen gefragt“, ergänzt er. Vor diesem Hintergrund entschlossen wir uns im Jahr 2011, mit dem Projekt Taunusanlage 11 erste Erfahrungen im Einsatz von BIM zu sammeln.

3-D-Visualisierungen mit CAD-Programmen bilden die Basis für den Einsatz von BIM.
Unser integrativer Ansatz beginnt mit einer 3-D-basierten Planung, bei der digitale Gebäudemodelle der Datenweitergabe an andere Projektbeteiligte dienen.

Eigene Standards definieren

Auch Frank Rudolph, standortübergreifend leitender BIM-Administrator bei KSP Engel und federführend zuständig für die Einführung der neuen Planungsmethode, erinnert sich gut an das Pilotprojekt. „Wir wollten vor allem Erfahrungen mit der 3-D-Gebäudemodellierung sammeln“, sagt Rudolph. Um die neue Planungsmethode optimal einsetzen zu können, mussten jedoch zunächst Strukturen und Regeln für ihre Anwendung geschaffen werden. „Wir entwickelten zuerst büroeigene Standards sowie Schulungskonzepte für den Umgang mit BIM“, schildert Frank Rudolph die ersten Schritte. Und Benjamin Agyemang, ein weiterer leitender BIM-Administrator, ergänzt: „Wir haben außerdem intensiv darüber nachgedacht, wie wir die Standards so gestalten können, dass nicht nur die Entwurfsplanung, sondern auch die Massenermittlung, Kostenplanung und andere Gewerke von der Modellierung profitieren.“

Es gelang ihnen schließlich, hausinterne Standards so zu definieren, dass circa 90 Prozent aller in der 3-D-Modellierung genutzten Bauteile problemlos mit den büroeigenen Datenbanken, wie zum Beispiel den Bauteilkosten, verknüpft werden können. Damit ist die weitgehend reibungslose Datenweitergabe von Leistungsphase zu Leistungsphase gewährleistet.

Die digitale Planungsmethode mit BIM sorgt somit auch für eine enge Verzahnung von Entwurf, Planung und anderen Abteilungen wie dem Baumanagement.

Bauherren profitieren von der hohen Präzision der Massen in der jeweiligen Planungsphase und somit von einer höheren Kostensicherheit. Unser Standort in München war Vorreiter bei der Einführung von BIM. Dort leitet Christian Eichinger das Büro. Er stellt zunächst fest, dass die 3-D-Modellierung gegenüber der 2-D-Zeichnung einen Mehraufwand bedeutet. Dieser ermögliche jedoch eine Effizienzsteigerung in den späteren Leistungsphasen, denn die schnellere und genauere Ausführung auf der Baustelle sei für Bauherren von großem Vorteil.

AVA-Programme wie RIB iTwo schaffen für Architekten und Bauherren schnell Transparenz über die Kosten und Massen und erleichtern die Erstellung von Leistungsverzeichnissen. Wir von KSP Engel setzen diese integrale Nutzung der 3-D-Modelle für Planung und Baumanagement so konsequent um.
Im Moment könne allerdings noch nicht auf Pläne verzichtet werden, sagt Benjamin Agyemang. Man stehe zwischen der analogen 2-D-Vergangenheit und der Vision einer ausschließlich digitalen 3-D-Gebäudemodellierung, stellt er fest.

Vom Modell zur fertigen Architektur: die zuvor im 3-D-Modell visualisierte Treppe des SAP-Gebäudes
Die Kommunikation zwischen allen Projektbeteiligten wird über das 3-D-Modell optimiert.

Mehr Effizienz und weniger Fehler

Christian Eichinger sieht in der verbesserten Kommunikation über das 3-D-Modell wesentliche Vorteile: Der klassische Austausch zwischen allen Planungsbeteiligten werde optimiert, sodass alle auf die gleiche Grundlage zugreifen und sich daran abstimmen könnten. „Der vorherige Austausch zwischen den Gewerken geht nicht verloren, sondern wird über das Modell ergänzt – das Modell selbst wird zum Kommunikationsmittel“, fügt er hinzu. Der Ansatz ergänze somit auch unser eigenes Bestreben nach einer integrativen Planung, die ein möglichst frühes Zusammenkommen aller Projektbeteiligten voraussetzt, um bereits vorausdenkend die Planungen zu beginnen.

Auch Sebastian Schöll sieht in der höheren Planungskohärenz einen großen Mehrwert des BIM-Einsatzes. Diese entstehe vor allem durch die Möglichkeit, Konflikte im 3-D-Modell buchstäblich zu sehen. Auch die mit BIM mögliche Kollisionsprüfung auf der Grundlage von individuell definierten Regeln, wie zum Beispiel die Prüfung von Fluchtweglängen, trage dazu bei.

Projektbeispiel Europa-Center, Gateway-Gardens/Flughafen Frankfurt am Main

Augenblicklich planen wir eine ganze Reihe von BIM-Projekten unterschiedlicher Dimension und Nutzung, unter anderem für den Neubau des Büroturms Veritas der HELABA in Frankfurt, die Revitalisierung und Umnutzung des Frankfurter 160 Park View oder das Bürogebäude Gateway-Gardens in der Nähe des Frankfurter Flughafens.

Eines der Projekte, bei dem BIM in hohem Maße Anwendung fand, war die Planung des Bürogebäudes Gateway-Gardens/Flughafen Frankfurt am Main, beauftragt vom Projektentwickler Europa-Center. Neben der 3-D-Gebäudemodellierung und Planerstellung, Visualisierungen und Kollisionsprüfungen auf Grundlage des Modells koordinierten die Architekt*innen auch die Integration und Prüfung der verschiedenen Teilmodelle der Fachplaner. Damit übernahmen sie bei diesem Projekt die Aufgabe eines BIM-Gesamtkoordinators.

Der Mehraufwand in frühen Leistungsphasen ermöglicht eine Effizienzsteigerung in der Ausführung auf der Baustelle, wie bei dem Projekt Gateway Gardens.

Sebastian Schöll betont, wie wichtig die vertragliche Absicherung des Umgangs mit dem Gebäudemodell sei. Er weist außerdem darauf hin, dass die Leistungsphasen der HOAI bereits heute nur noch teilweise zu BIM passten. „Die Leistungsbilder der HOAI entsprechen zwar zu 90 Prozent dem Level of Development einer BIM-Planung, sind aber zeitlich anders angeordnet“, so Schöll. Es zeichne sich eine Ablösung der HOAI-Leistungsphasen durch einige wenige, zusammengefasste Leistungsbausteine ab. Trotz all der Vorteile von BIM sorgt sich Schöll allerdings auch um eine möglicherweise gefährdete Planungskultur. So dürften Architekt*innen beim Streben nach Effizienzsteigerung nicht vergessen, was in der HOAI die Grundlagenermittlung gewesen sei, warnt er. Man könne auch bei einem sehr effizienten Entwurf das Gebäude falsch oder richtig proportionieren. Architekt*innen dürften nicht aufhören, über die richtigen Materialien, Fügungen, Details nachzudenken, ergänzt er. Auch wäre es ein Trugschluss der Auftraggeber*innen, zu glauben, dass Architekt*innen mit BIM nur noch für die Entwurfsplanung gebraucht würden. Um die Qualität eines Projektes in Entwurf und Ausführung zu sichern, müssten Architekt*innen auch in Zukunft bis zur Fertigstellung die Kontrolle über ein Bauvorhaben behalten, erläutert Schöll.

Um nicht überholt zu werden, haben wir viel investiert, uns schlank und effizient organisiert. Damit fühlen wir uns gut aufgestellt.

Dieser Beitrag basiert auf einem Text von Carsten Sauerbrei, Berlin, erstmals veröffentlicht in unserer Publikation „Projects 6“, 2017

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Frank Rudolph
Leiter Digitale Werkzeuge

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